Rad-Pendler Geschichten – ein kurze Schilderung aus dem Rad-Alltag

Rad-Pendler Geschichten

Liebe Stadt Ilsfeld,

liebe Mitverkehrsteilnehmer,

hier mal eine kleine Abschweifung aus meinen Rad-Pendler Geschichten.

Es gibt da dieses Stück Weg, das zwischen der Schozach und den Sport- und Reitplätzen entlang geht. Anfangen tut es, nachdem man vom Dietersberg runter kommt, und an der Ausfahrt zur Straße (L1105) vorbei fährt.

Dieses Stück Weg, bis zum Queren der Brückenstraße, ist eigentlich recht kurz (ca. 1,2 km). Es reicht aber, um das Rad – wenn es regnet oder geregnet hat – so dreckig zu machen, als wäre es schon seit Monaten nicht mehr geputzt worden. Und das mit einmal zur Arbeit radeln (ca. 17 km in 40 Min.). Hier und hier gibt es ein paar Bilder dieser Strecke.

Da kann ich tagelang durch Baden-Württemberg radeln, oder sonstige Touren machen, und mein Radl wird nicht mal annähernd so dreckig wie auf dieser kurzen Strecke.

Schozachweg

Leider kann man mit dem Rad nicht mal eben durch die Waschstraße fahren … und gut. Ein Rad putzen ist im Vergleich eher eine etwas langwierigere Angelegenheit. Gefühlt putzt man jeden Zacken der Kassette und Kettenblätter einzeln. Von der Kette ganz zu schweigen. Da wird jedes Glied einzeln gebürstet. Fast wie bei einer archäologischen Ausgrabung. Und diese feine Technik muss geputzt und gewartet werden.

Dann noch die Bremsen … die Schaltung … die Federung … die Lichter …

Je nach Verschmutzungsgrad gehen da schon mal zwei Stunden rum. Locker.

Und zig Liter kostbares Wasser sind dafür nötig.

Und je nach Wetter müsste das eigentlich fast jede Woche gemacht werden. Wobei man aus zeitlichen Gründen dann eher nur die Katzenwäsche macht. Nur die absolut wichtigsten Teile werden vom gröbsten Dreck befreit, und die es nötig haben werden frisch geölt.

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Deswegen kommt es auch manchmal vor, dass man dieses Stück umfährt. Ich, von Neckarwestheim kommend, entweder über den Dietersberg, oder auf der Auto-Straße nach Ilsfeld rein. Oder aus Ilsfeld raus kommend auf der Straße bis zur Ausfahrt.

Auf der Auto-Straße ist das kein Spaß. Da begibt man sich auf Autofahrerland. Da hat man als „nicht Steuerzahler“ dann das Nachsehen (mehr zur Kosten-Nutzen-Analyse weiter unten). Da kommt es vor, dass Autos neben einem her fahren, das Fenster runter geht, und ein Pilot, der eh schon ein Bluthochdruck-Problem zu haben scheint, einen anschreit und frägt: „Wie viele Fahrradwege brauchst du denn noch?“. Reagieren tu ich nie. Ich denk mir dann im Stillen: „Ein gescheiter würd mir schon reichen“.

Oder es kommt vor, dass Sportwägen den Auspuff auf meiner Höhe knallen lassen. Und das mit weniger als 1,5 m Abstand. Das geht bis ins Mark.

Ja, es gibt auch bei den Fahrradfahrern schwarze Schafe.

Aber zurück zu dem, was ich hier kurz und knapp ansprechen möchte.


Es gibt für Rad-Pendler keine Fahrradwege. Nur Teilstücke kann man so nennen.


Kurz nach der Matschstrecke gelange ich auf eines dieser offiziellen Teilstücke. Den Burgweg ausserhalb Ilsfelds. Und den muss ich ja als Radler unbedingt benutzen. Dieses Teilstück ist auch wieder recht kurz (ca. 400 m). Bei heftigen Regenfällen kommt es dort vor, dass die Felder von oberhalb abwärts wandern, und sich auf den Radweg und auf der Straße schichten. Eine schwammige Schlammschicht. Schon zu Fuß fast unpassierbar.

Das umfährt man dann eben auch auf der Auto-Straße, die zwei Tage vorher schon vom Schlamm befreit wurde, mit den gleichen Erlebnissen wie oben beschrieben.

Inzwischen wurde dort neben dem Fußgänger- und Fahrradweg ein Graben ausgehoben. Ich weiß allerdings nicht, ob der ausreichen wird, den vielen Schlamm effektiv aufzufangen. Er wirkt nicht tiefer als fünfzig Zentimeter. Viel breiter als das scheint er auch nicht zu sein.

Burgweg 2

Und warum fahre ich dann überhaupt mit dem Rad … mag sich jetzt so mancher fragen.


Ich fahre mit dem Rad zur Arbeit, weil es Spaß macht, gut tut, und man Dinge sieht und erlebt, die mit dem Auto ausbleiben. Und das Radeln hat einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen. Ja, so denke ich. Auch bei der Krankenkasse und Rente müsste immer gesamtgesellschaftlich gedacht werden.

Ein Autofahrer kostet die Gesellschaft 20 Cent pro Kilometer, ein Radler bringt der Gesellschaft ca. 30 Cent pro gefahrenem Kilometer.

Das kann man in einer Studie von Prof. Dr. Stefan Gössling von der Universität Lund nachlesen. Und hier gibt es eine noch krassere Studie dazu.

Und ich fahre mit dem Rad zur Arbeit, weil…

…ich mit dem Auto von Lauffen nach Beilstein im besten Fall etwa 35 Minuten brauche. Wenn es schlechter läuft sind es schon mal 50 Minuten. Was sehr oft bis ständig vorkommt. Und die Strecke hat 18 Kilometer.

Mit dem Rad benötige ich, wenn es gut läuft, ca. 35 Minuten. Wenn mir Saft und Kraft fehlen, oder ich einfach gemütlich in die Pedale treten möchte, auch mal 45 bis 50 Minuten. Wenn Schnee liegt kann das auch mal 1 1/2 Stunden dauern. Aber das kommt ja leider überhaupt nicht mehr vor.

Und ich lass meine Blechkiste gerne stehen, und zwäng sie nicht auch noch in die alltägliche Blechlawine Richtung Arbeit. Oder von der Arbeit.

Und weil ich eben ganz viele Rad-Pendler Geschichten sammeln, und euch damit nerven kann. Yay!


So … was möchte ich mit diesem Beitrag nun eigentlich sagen?


Ich habe oben kurz erläutert, warum manche Radler manchmal die Auto-Straße benutzen.

Das wäre zum einen die erwähnte Verschmutzung, die der Feinmechanik auf Dauer nicht gut tut. Aber auch die schlechten Untergrundverhältnisse treiben einen Radler auf die besseren Auto-Straßen. Trotz den widrigen Verhältnissen dort. Und die Auto-Straßen sind ja auch nicht in Top-Zustand. Aber meistens doch sehr viel besser als andere Wege.

„Fahrradwege“ hören oft im Nirgendwo auf, die hingepinselten Linien verschwinden plötzlich, man muss Randsteine erklimmen oder herunter springen, man muss Schlaglöchern ausweichen, Steingebrösel ausweichen, Schlamm umfahren, Erdbrocken-Slalom fahren … und vieles mehr.

All diese Zustände im Zusammenspiel sorgen dafür, dass am Fahrrad immer irgendwas knirscht oder scheppert, da es durch viele Stöße und ständige Erschütterungen losgerüttelt wurde oder Schmutz sich irgendwo festsetzt und irgendwas blockiert. Das Rad muss deswegen sehr oft gewartet und geputzt werden.

Wenn es mehr asphaltierte, zusammenhängende Radwege gäbe…

…müsste ich nicht immer so viel Wasser für’s Fahrradputzen verschwenden (das wäre noch umweltfreundlicher) … und die Radwege wären vielleicht etwas „sicherer“ … und Radler würden weniger auf die Auto-Straßen ausweichen.

Vielleicht hilft so ein Text, damit wir Verkehrsteilnehmer uns untereinander besser verstehen … oder akzeptieren können.

Das war der eigentliche Hintergedanke dieses Textes, eines ersten aus der Serie „Rad-Pendler Geschichten“. Vielleicht werden es tatsächlich noch mehr.

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Hier gibt es noch mehr meiner Rad-Pendler Geschichten … oder eher „nur“ Rad-Geschichten

Oben im Text sind ja auch schon welche verlinkt. Und überhaupt sind in den Schubladenerinnerungen sehr viele Rad-Pendler Geschichten zu finden.

Im Stapel gibt es ganz viele lose Radl-Bilder.